Rezension

Wohin fliegt Strange New Worlds?

Wohin fliegt Strange New Worlds?

Ich liebe „Star Trek“. Punkt. Ich liebe es für seine Hoffnung, seine Vision, seine Utopie. Für diese Idee, dass wir unsere menschlichen Probleme überwinden und gemeinsam aufbrechen können, nicht als Besatzerinnen und Besatzer, sondern als Forschende, als Diplomat*innen, als Menschen, die etwas lernen wollen.

Und genau deshalb fällt es mir schwer, die bisherige dritte Staffel von Strange New Worlds einfach nur gut zu finden (aktuell sind vier Folgen draußen).

Denn was wir hier erleben, ist im Kern ein Filler-Feuerwerk mit großem Budget. Und bevor mir jemand in die Kommentare schreibt: „Aber Filler machen doch Star Trek aus!“ – ja, defintiv. Aber selbst die scheinbar belanglosen Folgen waren in einem Kontext eingebettet, von mehr als 20 Folgen pro Jahr, mir Rückgrat, mit Aussagen, mit Gefühl.

Was bisher geschah und warum es mich nervt

Aktuell haben wir die Staffelhalbzeit noch nicht erreicht, aber ich habe schon jetzt das Gefühl: Hier geht nichts voran. Keine echte Bedrohung, kein größerer thematischer Bogen. Stattdessen: Whodunits, Zombies, Was-wäre-wenn-Geschichten. Klar, kann man feiern und ja, viele tun das auch. Find' ich ja prinzipiell auch super. Aber ich saß da, Folge für Folge, und fragte mich:

Wo sind die Strange New Worlds hin?

Besonders stört mich der Fokus auf die Romanzen rund um Spock. Klar hat der Typ das verdient, keine Frage! Gönnen wir's ihm. Aber: Der Charakter Spock, der jahrzehntelang für innere Spannung zwischen Logik und Emotion stand, wird hier reduziert auf Love Interests und den Wunsch in einer Liebesbeziehung aufgehen zu können. Das fühlt sich seltsam an, es widerspricht, was diese Figur mal war.

Und La’an? Die hatte in Staffel 1 richtig Potenzial – eine Figur mit Tiefe, Trauma, Härte und Herz. Jetzt? Wirkt’s oft so, als würde man sie bloß romantisch (erst Kirk, jetzt Spock) verwerten und zeigt, dass sie tanzen kann. .

Filler, die was erzählen: Voyager & DS9 konnten’s besser

Ich mag Einzelepisoden. Ich mag Deep Space Nine. Und ich glaube, die Serie hat so gut für mich funktioniert, weil es diese Mischung aus Einzelgeschichten und episodenübergreifende Handlung hatte. Und wenn dann noch eine Folge ausgestrahlt wurde, mit der ich nie gerechnet hätte, „Far Beyond the Stars“ oder „Our Man Bashir“, beides Filler, aber mit enormer Wirkung für mich. Voyager hatte Folgen wie „Latent Image“ oder „Living Witness“, die völlig losgelöst von der Hauptstory funktionierten, aber starke ethische Fragen aufwarfen. Und warum haben Sie funktioniert? Weil der Rest funktioniert hat.

Die aktuelle SNW-Staffel hingegen wirkt für mich oft wie ein Best of "Star-Trek"-Tropes, ohne echten Kontext. Viel Stil, wenig Substanz. Das ist schade, gerade weil die Serie in Staffel 1 noch gezeigt hat, dass sie beides kann.

Was fehlt? Utopie, Baby.

Ich will keine Serie, die mir nur zeigt, was alles kaputt ist. Davon hab ich genug im Alltag. Ich will eine Serie, die mir zeigt, was möglich wäre, wenn wir zusammenhalten. Und genau das hat Star Trek bisher besser gemacht als jedes andere Franchise.

Aber SNW Staffel 3 scheint vergessen zu haben, dass es auch genau das mal sein wollte:

Ein Fenster in eine mögliche Zukunft – und nicht bloß ein Theaterstück im Weltraum.

Fazit: Hübsch, aber hohl?

Ich wünschte, ich könnte sagen: „Es wird schon wieder.“ Aber ehrlich gesagt bin ich unsicher. Die Produktionswerte sind top, keine Frage. Auch das Cast ist stark, die Chemie stimmt. Aber ohne echtes Ziel, ohne Vision, ohne diesen utopischen Unterbau fühlt sich SNW für mich an wie ein schönes Hologramm: perfekt ausgeleuchtet, aber nicht echt und nicht neu.

Ich bewerte "Strange New Worlds, Folgen 1-4" mit:

The Salt Path, 2024

The Salt Path, 2024

Ein Paar verliert alles: das Haus, die Sicherheit, die Gesundheit. Was bleibt, ist ein Zelt, Teebeutel, die man sich teilt und ein schmaler Pfad entlang der rauen Südwestküste Englands. „Der Salzpfad“, basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von Raynor Winn, erzählt diese Geschichte als Roadmovie zu Fuß, als Naturbetrachtung, als innere wie äußere Heldenreise. Das funktioniert, ist solide inszeniert – und lässt dabei doch das Kino manchmal ein bisschen verhungern.

Die Bildgestaltung stammt von Hélène Louvart, einer Kamerafrau mit feinem Gespür für Licht und Stille (The Lost Daughter, Never Rarely Sometimes Always). Umso mehr hat es mich irritiert, dass die visuelle Sprache des Films hier so einseitig gerät. Sicher, das Meer ist fotogen, Cornwall ist einfach nur schön, aber der Film ruht sich auf immer gleichen Drohnenflügen aus, die meist auf Schulterhöhe der Figuren starten und mit einem seufzenden Zoom in die Weite des Ozeans enden. Es wirkt wie ein Mantra: Erst Nähe, dann Fluchtpunkt.

Das es auch anders geht, zeigt eine Szene, in der sich Gillian Anderson im Wald um die eigene Achse, dreht, um die Schönheit der Natur geradezu aufzusaugen. Aufgenommen mit einer Fischlinse, damit wir Zuschauenden die Umgebung auch aufsaugen können. Das reicht mir, mehr davon! Diese kleinen, subjektiven Verzerrungen sprechen. Doch sie bleiben selten. Stattdessen: Viel Landschaft, wenig Mut.

Was „Der Salzpfad“ dennoch trägt – mit sicherem Schritt – ist das Spiel seiner beiden Hauptdarsteller. Gillian Anderson (zuletzt gesehen als großartige Therapeutin in „Sex Education“) zeigt hier das genaue Gegenteil: eine Frau, der das Leben alles genommen hat und die dennoch nicht aufhört, Wärme zu verströmen. Sie spielt zurückgenommen, mit einem müden, aber klaren Blick. Keine große Geste, kein Drama – sondern Haltung.

Jason Isaacs, den ich zuletzt in „Star Trek: Discovery“ gesehen habe, stellt sich ebenfalls in den Dienst der Figur. Kein Pathos, kein Betonen der Schwäche. Er zeigt Moth als Mann, der seine Würde nicht verliert, obwohl die Krankheit an ihm zerrt.

Und dann ist da noch James Lance, ein bisschen schräg, defintiv zu konstruiert. Aber hey: Diese Haare! Wie soll man da nicht milde gestimmt sein?

Dramaturgisch ist „Der Salzpfad“ an die klassische Struktur der Heldenreise angelehnt: Der Ruf zum Abenteuer kommt durch die Zwangslage – Verlust des Hauses, Diagnose einer unheilbaren Krankheit – und führt zu einer Wanderung, auf der die Protagonisten Prüfungen bestehen, wachsen, scheitern, weitermachen.

Aber: Der Film erzählt das nicht stringent durch. Stattdessen gibt es Pausen und gefühlte Wiederholungen. Ist das schlimm? Nein. Aber es verlangsamt das Narrativ, nimmt Spannung raus, sorgt für ein Ziehen im zweiten Akt. Der Rhythmus wird zum Stolperpfad. Und man fragt sich: Geht’s jetzt weiter oder sind wir schon da?

Was „Der Salzpfad“ hingegen richtig gut macht, ist das, was viele Filme sich nicht mehr trauen: Beziehung durch Beobachtung zu erzählen, nicht durch Worte. Die Verbindung zwischen den beiden Hauptfiguren entsteht nicht durch dramatische Monologe oder wohlformulierte Eheversprechen bei Sonnenuntergang, sondern durch kleine, beiläufige Gesten.

In einer besonders schönen Szene sehen wir, wie Andersons Figur beim Essen heimlich einen Teil ihrer Spaghetti auf den Teller ihres Mannes schiebt. Keine große Sache. Und doch bemerkt er es, und wir merken, dass er es bemerkt. Diese Miniatur der Fürsorge spricht Bände: Sie müssen sich nicht versichern, dass sie sich lieben. Sie zeigen es im Moment. Und genau das ist große Kunst: nicht zeigen, dass man liebt, sondern zeigen, wie Liebe aussieht, wenn niemand hinschaut.

Ja, es gibt Kontroversen um das Buch. Ob die Geschichte so wahr ist, wie sie verkauft wird, ob das Paar wirklich obdachlos war, ob die Krankheit tatsächlich so verlief wie beschrieben, all das steht derzeit zur Debatte. Doch das gehört nicht hierher. Diese Kritik bezieht sich ausschließlich auf den Film. Und als solcher behauptet er nicht, die ganze Wahrheit zu zeigen. Er zeigt eine Reise. Eine Suche. Und das gelingt ihm – mit Schwächen, aber auch mit Momenten, die berühren.

„Der Salzpfad“ ist kein Meisterwerk, aber ein fein gespielter, gelegentlich zu glatter Film über Verlust und Neuanfang. Das Schauspiel glänzt, die Landschaft blendet – doch die filmische Handschrift bleibt zu brav. Die Kamera bewundert, statt zu gestalten. Für ein Werk, das von Transformation handelt, hätte man sich genau das auch im Visuellen gewünscht.

Ein wirklich schöner Film, aber kein unvergesslicher.

Ich bewerte "The Salt Path, 2024" mit:

Superman, 2025

Superman, 2025

Ich muss zugeben: Superman war nie mein Held. Doch „Superman“ von James Gunn hat mich positiv überrascht. Und zwar mehr, je länger ich darüber nachdenke. Superman, 1938 von den jüdischen Comiczeichnern Jerry Siegel und Joe Shuster erschaffen, war von Anfang an mehr als ein Superheld: Er war ein Symbol gegen die rassistische Ideologie des Nationalsozialismus. Ein Held, der für universelle Gerechtigkeit stand. Ein politisches Zeichen.

In modernen Superheldenfilmen erleben wir eine andere Art von Politisierung. Serien wie „Ironheart“ oder viele der neueren Marvel-Filme setzen bewusst auf Diversität. Sie thematisieren Gender-Gerechtigkeit, ethnische Vielfalt und die Inklusion unterschiedlicher Identitäten. Das ist wichtig, es bringt neue Perspektiven und Geschichten. Trotzdem wird es oft nur als modischer Zeitgeist wahrgenommen.

Gunn wählt einen anderen Weg. Mit „Superman“ kehrt er zurück zu den Wurzeln. Er macht Superman nicht wieder zum reinen Action-Helden oder abgeklärten Zyniker, sondern erinnert an seine ursprüngliche Aufgabe. Gunn verzichtet auf bekannte Neuinterpretationen des Stoffes – Superman ist hier weder Messias, Fremder, Kansas-Junge, unbeholfener Nerd noch kalter Gott. Er ist ein moralischer Superman mit Haltung. Ein Mensch mit Prinzipien in einer Welt, die ihren moralischen Kompass verliert. Und Gunn nutzt dafür ein Stilmittel, das im Blockbuster-Kino fast verloren gegangen ist: die Allegorie.

Superheldenfilme erzählen heute selten in Allegorien. Sie arbeiten direkter: mit Repräsentation, mit klaren Botschaften zu Identität und Gerechtigkeit. Das ist richtig und wichtig. Das große Erzählen über Bilder, Gleichnisse und Spiegelungen? Das kennt man eher aus Autorenkino oder Science-Fiction-Klassikern. Es gibt Ausnahmen: „District 9“ mit seiner Apartheid-Parabel, „Children of Men“ als düstere Vision von Migrationspolitik, „Parasite“ als kapitalismuskritische Satire oder „Get Out“ als Horrorfilm über versteckten Alltagsrassismus.

Gunns „Superman“ erinnert mich eher an „Star Trek“, wenn es gut war: Haltung zeigen, ohne zu predigen. „Star Trek“ hat mit Raumschiffen über Imperialismus gesprochen, mit fremden Völkern über den Kalten Krieg, über Ausgrenzung. Gunn bringt das zurück: Superman als moderne Allegorie, als Antifaschist in einer Gesellschaft, die zunehmend autoritär wird. Das wirkt ungewohnt, gerade im Popcorn-Kino. Holt mich aber trotz allem nicht gänzlich ab.

Ich werde den Film wahrscheinlich nicht noch einmal allein schauen. Aber wenn jemand den Film nicht kennt – ich wäre dabei. „Superman“ ist ein unterhaltsamer Blockbuster, der zeigt: Auch alte Helden müssen sich nicht unbedingt neu erzählen lassen.

Ich bewerte "Superman, 2025" mit:

The Accountant², 2025

The Accountant², 2025

Also, eigentlich dürfte ich “The Accountant 2” gar nicht mögen, weil er so viele unterschiedliche Elemente in sich vereint. Es fühlt sich fast so an, als hätte man ein Best-of all der Ideen, die sich seit dem ersten Teil angesammelt haben, in diesen Film gepackt.

Aber, was soll ich sagen? Es hat für mich einfach funktioniert! Irgendwie war es genau der richtige Film zur richtigen Zeit, und dieses bunte Sammelsurium an Szenen hat mich einfach super unterhalten.

Ich bewerte "The Accountant², 2025" mit:

Wicked, 2024

Wicked, 2024

Wicked ist ein Fest für die Sinne, ein bombastisches Musical mit Herz, Magie und einer Prise Rebellion. Ja, es ist eine klassische „Ich bin anders“-Coming-of-Age-Geschichte, aber die kleinen und großen Ideen im Wordbuilding, machen den Unterschied. Fantastische Bilder, eine grandiose musikalische Untermalung und inszenatorische Highlights sorgen für ein Erlebnis, das sich einfach gut anfühlt. Ariana Grande und Cynthia Erivo singen und spielen sich die Seele aus dem Leib, während Michelle Yeoh nach ihrem eher nüchternen Auftritt in Section 31 hier zeigt, dass sie auch fies kann. Und dann ist da noch Jeff Goldblum – und er macht, was Jeff Goldblum eben macht: Er ist er selbst. Und das großartig.

Ich bewerte "Wicked, 2024" mit: